Ein grüner Lernort für die Jüngsten: Wie Kinder in Hollabrunn mit AckerRacker die Natur erleben
Erntefreude im Kindergarten in Hollabrunn. Gemeinsame wird das Gemüse vom Acker entdeckt. Kindergarten Josef Weisleinstraße
Im westlichen Weinviertel Niederösterreichs erleben über 160 Kindergartenkinder seit 2023, wie aus kleinen Samenkörnern gschmackige Paradeiser, Radieschen, Erdäpfel und Zucchini entstehen. Die beiden Kindergärten teilen sich ein Haus in der Josef Weisleinstraße in Hollabrunn und sind damit unter den allerersten Einrichtungen, die das Programm AckerRacker in Österreich umsetzen. Auf 65m2 Fläche wird gemeinsam geackert. Der Garten bringt hier alle Kinder zusammen und fördert auch den Austausch zwischen den Teams der Pädagog*innen. Die Kindergartenleitungen zeigen sich begeistert und freuen sich über die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Rudi Radieschen und seinen Gemüsefreund*innen.
Zwei Kindergärten auf einem Acker
Auf Initiative der Privatstiftung Sparkasse Hollabrunn sind die Kindergartenleiterinnen Doris Hasenberger (Weisleinstraße I/E) und Martina Schwabl (Weisleinstraße II/O) auf das Programm AckerRacker aufmerksam geworden. Ursprünglich waren auf dem gemeinsamen Grundstück zwei Hochbeete und einige Beerenobst-Sträucher angelegt. Der Gemüseacker erweitert nun dieses Angebot und bildet das Herzstück des gemeinsamen Gartens. „Die Kinder waren von Anfang an vom Garteln begeistert, auch wenn es für viele absolutes Neuland war“, berichtet die AckerPädagogin Julia Breuer. „Wir konnten die Kinder behutsam und spielerisch an den Acker heranführen und dabei sehen, wie sie mit großem Tatendrang Aufgaben übernehmen. Ob Beetpflege, Bewässerung oder Ernte, jede Tätigkeit wurde von den Kindern angenommen und mit Spaß und Freude ausprobiert“, erzählt sie weiter.
Dabei wird der Garten nicht nur in der Ackerzeit genutzt. Vor allem bei gutem Wetter, wenn die Kinder draußen spielen, wird er erforscht, um beispielsweise das Wachstum der Pflanzen zu beobachten oder die Beete nach reifen Früchten abzusuchen. „Das selbstständige Entdecken ist ganz wichtig. Mit allen Sinnen erleben sie, was sich am Acker tut“, meinen die Pädagog*innen und ergänzen: „Besonders interessant ist die Veränderung einer Gemüsepflanze im Laufe des Wachstums. Die Kinder sehen mit eigenen Augen, wie aus einer Blüte eine Frucht entsteht und welche Auswirkungen unsere Wettereinflüsse haben können.“ Martina Schwabl erzählt von der ersten Pflanzung im Kindergarten: „Ich hatte mit einem Kind Löcher für die Jungpflanzen gegraben und dabei haben wir einen Regenwurm gefunden. Das Kind war unglaublich begeistert von diesem Bodentier und hat es uns stolz präsentiert. Ich glaube dadurch, dass viele Familien mittlerweile in Wohnungen ohne Garten leben, können Kinder solche Erfahrungen zu Hause gar nicht mehr machen.“
Tatort Acker: Wer hat die Gurke entführt?
Beim selbständigen Entdecken im Beet ist aber auch schon mal das ein oder andere Gemüse abhandengekommen. So ist die allererste reife Frucht, eine Salatgurke, eines Tages auf unerklärliche Weise verschwunden: Wer hat sie wohl auf dem Gewissen? In den beiden Kindergärten wird die Gemüseernte auf alle Gruppen aufgeteilt, damit jedes Kind auch jede Frucht probieren kann. Die erste Gurke war für alle im Haus etwas ganz Besonderes, sie sollte möglichst groß wachsen, damit sie später fair geteilt werden kann. Doch plötzlich war sie weg, wie vom Erdboden verschluckt. Die Pädagog*innen hatten zu Beginn AckerTiere in Verdacht, da im Garten auch Wildhasen leben. Nach einigen Tagen stellte sich jedoch heraus, dass ein Kind die junge Gurke pflückte und sie noch direkt am Acker probierte. „Das Kind hat sich bei uns gemeldet und erzählt, wie gut ihm das Gemüse geschmeckt hat. Diese erste Gurke wird uns immer in Erinnerung bleiben“, berichtet Doris Hasenberger.
Von der Aussaat bis zu den Gemüse-Chips
Während der Haupterntezeit wurden am KindergartenAcker neben vielen weiteren Gurken auch Gemüsearten wie Mangold oder Palmkohl reif. Die Kinder haben mit den Pädagog*innen verschiedene Gerichte zubereitet, erzählt Julia Breuer: „Wir hatten im vergangenen Ackerjahr eine sehr ergiebige Ernte. Die Roten Rüben sind bei uns zum Beispiel gut gewachsen, da mussten wir in der Verarbeitung oftmals kreativ werden. Das Schöne hierbei war aber, den Kindern zeigen zu können, welche Möglichkeiten wir mit einer Gemüseart haben. Wir können damit Suppe machen, Kuchen backen oder sie zu Chips verarbeiten. Auch die AckerPädagogin Eleonore Stieger erinnert sich an die Rübenernte: „Die Chips waren toll, weil die Kinder hier gut mithelfen konnten. Sie haben die Rüben selbständig in Scheiben geschnitten und diese anschließend besonders gerne genascht. Wobei man hier erwähnen muss, dass sowieso alles vom Acker gegessen wird, auch wenn das Gemüse nicht als Chips daherkommt.“
Großer Zuspruch aus Hollabrunn
Durch die Unterstützung der Privatstiftung Weinviertler Sparkasse, der Stadtgemeinde Hollabrunn sowie beheimateter Unternehmen, konnte der Acker in der Josef Weisleinstraße realisiert werden. „Uns wurde in der Umsetzung des Projekts wirklich sehr großzügig geholfen. Ohne der Förderung durch die Privatstiftung Weinviertler Sparkasse hätten wir den Acker nicht machen können. Das Lagerhaus Hollabrunn hat uns außerdem alle Gartengeräte gesponsert. Für die finanzielle Unterstützung setzte sich besonders Helmut Schneider von der Stadtgemeinde Hollabrunn ein. Wir sind sehr dankbar für das große Interesse und den Zuspruch“, berichtet Martina Schwabl.
Ehrenamtliche AckerCoaches mit viel Engagement
Unterstützt werden die Pädagog*innen in Hollabrunn aber auch durch die ehrenamtlichen AckerCoaches Andrea Rosenberger und Elke Holly. Sie begleiten die Kindergärten bei den Pflanzungen und vermitteln ihr Wissen rund um den Acker durch individuelle Betreuung vor Ort. Im Rahmen von Workshops und Fortbildungen befähigen sie die Pädagog*innen zum Gemüseanbau. Die Kindergartenleitungen und AckerPädagoginnen zeigen sich zufrieden: „Unsere AckerCoaches leisten tolle Arbeit, sowohl in der Wissensvermittlung bei uns Erwachsenen als auch im Umgang mit den Kindern. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn nicht jede Gärtnerin weiß, wie man hier kindgerecht arbeitet.“
In den beiden Kindergärten in der Josef Weisleinstraße sind sich alle einig: Ackern wirkt! Als einer der ersten AckerRacker Lernorte in Österreich dürfen hier schon die Jüngsten in Hollabrunn einzigartige Erlebnisse in der Natur erfahren.