Vom Feld in die Tonne: Wo Lebensmittelverschwendung beginnt
Ob gerade oder krumm: Gurke bleibt Gurke! Unterschiedlich
Der Lebensweg einer Karotte endet nicht selten direkt nach der Ernte. Das Problem der Lebensmittelverschwendung beginnt bereits auf dem Feld und zieht sich von da aus bis zu unserem hauseigenen Esstisch. Wie es dazu kommt und was Jede*r von uns dagegen tun kann, erklärt unsere Autorin.
Text: Helena Schmitz-Peiffer / Ackerdemia e.V.
Foto: Anna Meyer-Kahlen
Jedes fünfte landwirtschaftliche Erzeugnis in Europa verlässt das Feld oder den Hof nicht. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Auf der einen Seite lässt eine ungünstige Witterung oder Schädlinge die Ernte um einige Tonnen schrumpfen. Die Früchte sind zu klein, unreif, verdorben oder von Schädlingen befallen. Auf der anderen Seite jedoch wird geerntetes Gemüse oder Obst bewusst aussortiert, weil es den ästhetischen Anforderungen der Wareneinkäufer*innen nicht genügt.
Krumm oder verwachsen? Nein, danke!
Erwartungen an Größe, Glanz, Farbe und Form des Produktes werden von den Marktabnehmer*innen auch an frische Lebensmittel wie Äpfel, Gurken oder Erdbeeren & Co. hoch angesetzt. Dabei schmecken zweibeinige Karotten, krumme Zucchini oder Äpfel mit braunen Stellen auf der Schale ganz und gar nicht anders als ihre auf Hochglanz polierten Kollegen. So beginnt die eigentlich vermeidbare Verschwendung von guten Lebensmitteln bereits bei den Landwirt*innen.
Der Markt regelt die Nachfrage
Für die Erzeuger*innen bedeutet das meistens, dass sie die schnell verderbliche Ernte auf dem Acker belässt und untergrubbert. Gemüse und Obst wird aber nicht nur aufgrund falsch verstandener Schönheitsideale verschmäht – auch plötzliche Bedarfsänderungen treffen manche Produzent*innen schmerzhaft überraschend (in Herz und Brieftasche): Wurde beispielsweise auf Wunsch eines Großhändlers im Frühjahr eine bestimmte Kartoffelsorte gepflanzt, kann es passieren, dass er im Herbst schon kein Interesse mehr an der eigenen Knollenbestellung hat und die Annahme verweigert. Oft kommt es vor, dass zwischen Hof und Abnehmer kein Vertrag abgeschlossen wurde – in dem Fall bleiben die Landwirt*innen auf den Kosten und ihrer Ernte sitzen. Oder genauer gesagt: Frisch geerntetes Obst und Gemüse wandert in die Tonne oder in die Biogasanlage.
Die Produktion von Lebensmitteln, die niemals jemand essen wird…
… verbraucht ein Viertel des in der Landwirtschaft genutzten Wassers.
… besetzt eine landwirtschaftliche Fläche in der Größe Chinas.
… verursacht 10 % der globalen Treibhausgase.
… verbraucht 10 % der weltweit genutzten Energie.
Neue Vermarktungswege können helfen
Landwirt*innen bemühen sich deshalb zunehmend um neue und innovative Vermarktungswege - sie wollen sich vom Markt unabhängig machen, damit letztlich all ihre wertvollen Lebensmittel geerntet, verkauft und gegessen werden können. Als Verbraucher*innen können wir ihnen dabei helfen, indem wir direkt von den Erzeuger*innen kaufen. Damit nicht Jeder einzeln auf die Höfe und zu den Hofläden in der Umgebung fahren muss, gibt es verschiedene, zunehmend auch digitale Lösungsansätze:
1. Kaufen auf dem Wochen- oder Bauernmarkt – Achtet darauf, dass Bauern aus der Region auf dem Markt eurer Wahl verkaufen – und nicht nur Händler, die ihre Ware aus dem nächsten Großmarkt anbieten.
2. Bestellen einer frischen Gemüsekiste – Dieser Service wird von verschiedenen Akteuren wie beispielsweise dem Biohof ADAMAH angeboten. Erkundigt euch, ob ihr in einem der belieferten Gebiete wohnt. In den Kisten enthalten sind frisch geerntete Obst- und Gemüsesorten, regional, saisonal und biologisch.
3. Einkaufen bei einem Lebensmittelnetzwerk – Direktvermarkter wie Hofläden oder Bauernmärkte bringen Verbraucher*innen und Landwirt*innen oder Erzeuger*innen von Lebensmittel zusammen. Wir stellten euch die alternative Lebensmittelkooperative „FoodCoops“ näher vor: ein Zusammenschluss von Personen und Haushalten, die selbstorganisiert biologische Produkte direkt von lokalen Bauernhöfen beziehen. Die Lebensmittel der „FoodCoops“ sind saisonal, regional sowie ökologisch nachhaltig und sozial gerecht produziert.
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