Schmeckt und schmückt: Multitalent Gemüsekohl
Zierde im Beet, Leckerbissen auf dem Teller: Der Gemüsekohl zählt zu den vielfältigsten Nutzpflanzen überhaupt. unsplash / arj.
Beim Gemüsekohl (Brassica oleracea) handelt es sich um eine Art aus der Familie der Kreuzblütler. Den Kohl gibt es nicht – es existiert vielmehr eine Vielzahl von Wild- und Zuchtformen, die den Kohl zu einer der vielfältigsten Nutzpflanzen überhaupt macht.
Vielfalt in Form und Farbe
Woher die Wildform des Gemüsekohls ursprünglich stammt, ist unter Expert*innen umstritten. Höchstwahrscheinlich liegt das Ursprungszentrum aber im Mittelmeerraum, dort gedeihen die wilden Kohlpflanzen auch am besten.
Dass er jedoch auch in vielen anderen Klimazonen und bis in 2.000 Meter Höhe wächst, hat gewiss zur weltweiten Beliebtheit und Verbreitung des Gemüsekohls beigetragen. Winterfeste Zuchtformen wie etwa Braun-, Grün- und Rosenkohlsorten überstehen sogar leichte Fröste und haben schon unsere Vorfahr*innen in der kalten Jahreszeit mit Gemüse versorgt.
Nach regelmäßiger Ernte der unteren Blätter macht ein ausgewachsener Palmkohl deutlich, woher sein Name kommt. Katharina Kühnel
Die Blumenkohlsorte Romanesco fasziniert mit einer fraktalen Struktur, bei denen jeder Blütenspross wie eine Miniaturform des gesamten Kohlkopfes aussieht. pixabay / ponce_photography
Auch der farbenfrohe Zierkohl ist in der Regel essbar, sollte aber gekocht werden und verliert dabei seine Farbe. pixabay / Gruendercoach
Je nach Saison und Region nehmen die Zuchtformen und Unterarten des Kohls ganze Regale in den Gemüseabteilungen ein: Vom Brokkoli über den Grünkohl bzw. Federkohl und Kohlrabi bis zum Rosenkohl zeugt eine Vielfalt an Farben und Formen von der langen Zuchtgeschichte des Gemüsekohls.
Kohlpflanzen können nicht nur von Insekten, sondern auch von sich selbst bestäubt werden. Daher können sich alle Wild- und Kulturformen des Gemüsekohls spontan kreuzen und erzeugen so immer wieder neue Formen mit abweichenden Merkmalen. Auch das hat zur großen Farb- und Formenvielfalt des Gemüsekohls beigetragen.
Gemüse entdecken mit Kindern
Auf Kohlsuche im Gemüseregal
Nimm beim nächsten Gemüseeinkauf deine Kinder mit zum Super- oder Bauernmarkt: Wie viele verschiedene Zuchtformen des Kohls könnt ihr gemeinsam entdecken? Manchmal steckt übrigens Kohl drin, wo gar nicht Kohl draufsteht: zum Beispiel bei Brokkoli, Romanesco oder Wirsing.
Eine Übersicht über die bekanntesten Zuchtformen des Gemüsekohls findet ihr auf Wikipedia.
Kohlanbau – weltweit und im eigenen Garten
Im heutigen deutschsprachigen Raum wurde das schmackhafte Gemüse erst ab dem 9. Jahrhundert nachweislich angebaut. Heute produzieren Landwirt*innen in Deutschland jährlich etwa 730.000 Tonnen verschiedenster Gemüsekohlsorten. Der mit Abstand meiste Kohl wird in China geerntet: Mit knapp 35 Millionen Tonnen entfällt fast die Hälfte der weltweiten Kohlproduktion auf das ostasiatische Land.
Die nahrhaften Pflanzen sind jedoch nicht nur bei uns Menschen beliebt: Die Schmetterlingsarten Großer und Kleiner Kohlweißling tragen ihre Vorliebe für das Gemüse bereits im Namen. Obwohl sie sich auch von anderen Pflanzenarten ernähren, kann das Vorkommen von Kohlweißlingsraupen zu Ernteschäden führen. Entdeckst du die Raupen in deinem Kohlbeet, solltest du sie mit Handschuhen absammeln, bevor sie deine Pflanzen kahl fressen. Mehr Tipps zum Kohlanbau findest du in unserer Aussaatanleitung.
Der Kleine Kohlweißling lässt sich gern auf Kohlblättern nieder. Acker e. V. / Black Turtle
Raupen des Großen Kohlweißlings an einem kahlgefressenen Palmkohlblatt. Acker e. V / Thomas Gladis
Eine Palmkohlpflanze vor (links) und nach dem Befall von Kohlweißlingsraupen (rechts). Acker e. V / Thomas Gladis
Das steckt im Kohl: Vitamine, Mineralien und Ballaststoffe
Möchtest du dich gesund ernähren, darf das eine oder andere Kohlgericht auf deinem Speiseplan nicht fehlen. Gemüsekohl überzeugt vor allem durch seine volle Vitaminpower: Besonders Braun-, Grün- und Rosenkohl liefern die Vitamine C, B und K sowie Beta-Carotin. Darüber hinaus machen Mineralien wie Calcium, Magnesium und Phosphor den Kohl zu einem wertvollen Nährstofflieferanten.
Vitamine und Mineralstoffe zum Pflücken: So wachsen Knospen an einem Rosenkohlstängel. unsplash / Matt Seymour
Alle Kohlgemüse enthalten Senfölglykoside, die eine gesundheitsförderliche Wirkung haben können. Dabei handelt es sich um organische Verbindungen mit Schwefel und Stickstoff, die nicht nur für eine leichte Schärfe sorgen, sondern auch antibakteriell wirken.
Beachte aber, dass Gemüsekohl Ballaststoffe enthält, die von Darmbakterien zu Gasen verarbeitet werden. Reagierst du empfindlich auf Kohl und möchtest das Ausmaß der Blähungen verringern, dann gib deinen Kohlgerichten Koriander oder Kreuzkümmel bei – sofern diese Gewürze geschmacklich zum Rezept passen.
Von roh bis fermentiert: Kohl in der Kochkultur
Vielfältig ist nicht nur die (Erscheinung) des Gemüsekohls, sondern auch seine Verwendung in der Küche: Junge Blätter kannst du gut gewaschen wie Salat zubereiten, größere für Rouladen verwenden. Festere Kohlköpfe wie etwa der Weißkohl machen sich fein gehobelt gut auf dem Rohkostteller, verfeinern aber auch Suppen und Aufläufe.
Schlicht, aber nicht schlecht: Dämpfen ist eine besonders schonende Art, Kohl zuzubereiten (hier Brokkoli). unsplash / Max Griss
Fermentierter Chinakohl ist zentraler Bestandteil des koreanischen Nationalgerichts Kimchi. unsplash / Portuguese Gravity
Ein Kohlklassiker der nordwestdeutschen Küche: Grünkohl mit Pinkel. pixabay / mygraphx
Besonders lecker auch als knuspriger Snack für zwischendurch – das Rezept für unsere Kohlchips findest du weiter unten verlinkt. Acker e. V.
Viele Kulturen kennen auch durch Milchsäure vergorenen Kohl: Über Deutschland hinaus bekannt ist das Sauerkraut, das aus vergorenem Weiß- oder Spitzkohl besteht; das koreanische Nationalgericht Kimchi hingegen basiert auf fermentiertem Chinakohl. Dabei handelt es sich zwar streng genommen nicht um einen Gemüsekohl, denn Chinakohl gehört zu den Rübsen; als solcher ist er aber eng mit den Gemüsekohlpflanzen verwandt. Unser Geheimtipp: Kohlchips aus dem Backofen – zum Beispiel mit Blättern vom Palmkohl, Wirsing oder Grünkohl. Probiere gleich unser Rezept aus!
Schmuckstücke im Beet und wachsende Spazierstöcke
Doch auch jenseits der Küche findet der Gemüsekohl vielfältige Verwendung. So bauen viele Gärtner*innen Zierkohl an, um ihren Beeten und Balkonen einen bunten Anstrich zu verleihen. Dabei steht ihnen ein breites Farbspektrum von weißen über violetten bis zu mehrfarbigen Zuchtsorten zur Verfügung.
Auch der Palm- oder Schwarzkohl hat dank seiner auffälligen Wuchsform einen hohen Stellenwert als Dekopflanze. In Kübeln gepflanzt, säumt er beispielsweise so manchen Hauseingang in Norditalien.
Zierkohlpflanzen bringen ein interessantes Farbenspiel ins Beet oder auf den Balkon. pixabay / Leonhard_Niederwimmer
Manche Kohlsorten entwickeln einen holzigen Spross, der als Ausgangsmaterial für unterschiedlichste Zwecke dient: So existiert auf der Kanalinsel Jersey eine jahrhundertealte Tradition, eine bestimmte Kohlsorte („Jersey cabbage“) zu Spazierstöcken zu verarbeiten.
Als wahres Multitalent erweist sich der hochwachsende Braunkohl in der Altmark: Die Bäuer*innen ernteten traditionell die unteren Blätter als Tierfutter, zum Beispiel für Kaninchen und Hühner. Der obere Teil mit den schmackhaften Blättern landete als Wintergemüse auf den Tellern und die Strünke als Dachlatten auf dem Haus. Nachhaltiger lässt sich eine komplette Pflanze wohl kaum nutzen!
Hier wachsen Spazierstöcke: hochgewachsene Jersey-Kohlpflanzen in einer nicht ganz maßstabsgetreuen Darstellung von 1836. Public domain (via Wikimedia Commons)